Sonntag, 7 Uhr morgens: Der Regen prasselt aufs Dach. Man dreht sich seufzend um und schläft lieber noch eine Runde. Eine Stunde später: Es regnet immer noch in Strömen. Verdammt! Heute Mittag steht die RundUm-Regatta an, das wird keinen Spaß machen. Viel zu viel Feuchtigkeit, viel zu wenig Wind, wie so oft in dieser, freundlich formuliert, mäßigen Saison 2024. Die schnell gecheckten Wetterberichte sagen sogar Gewittergefahr für den Schluchsee voraus. Erst ein Blick aufs Wetterradar macht Hoffnung: Um 9 Uhr hört es auf zu regnen, und dann bleibt es mindestens bis zum späten Nachmittag trocken.
Genauso kam es dann glücklicherweise auch. Tagsüber herrschte freundliches, warmes Sommerwetter, das nach viel Sonnencreme und gefüllten Trinkflaschen verlangte. Sogar der Wind spielte zumindest passabel mit. Die angesagte Strömung aus West dreht zwar allzu oft auf Süd, was am Schluchsee bekanntlich eine, ähem, sagen wir mal suboptimale Richtung ist. Aber immerhin wehten Winde in stetig wechselnden Stärken zwischen eins und zehn Knoten (der Plural ist hier angemessen). In der einen oder anderen Sonnenschuss-gefährlichen Bö mag es auch ein bisschen mehr gewesen sein.
33 Boote fanden sich an der Startlinie ein. Keine großartige Beteiligung wie erhofft, aber angesichts der abschreckenden Wetterprognosen ganz ok. Pünktlich um 13 Uhr ertönte das Startsignal. Wie am Schluchsee üblich, stellte der Wind während des Startverfahrens ab und setzte erst einige Minuten nach dem Start wieder ein. Eine reguläre Ranglisten- oder gar Meisterschaftswettfahrt wäre unter solchen Bedingungen nur unter lautstarkem Protest der Teilnehmenden angeschossen worden. Aber wir sind hier erstens am Schluchsee, und zweitens gelten bei einer Langstreckenregatta wie der RundUm andere Gesetze. Bei der wird auch dann nicht abgeschossen, wenn der Wind um 180 Grad dreht. It’s part of the game.
Trotz anfänglicher Flaute aus allen Richtungen setzte sich der FD mit Jakob Werner und Harald Johler früh vom Hauptfeld ab. Wollten da welche unbedingt gewinnen? Oder war diesbezüglich eher mit den zahlreichen Aeros, ILCAs und Europes zu rechnen, die lange Zeit nah an den schnellen Booten dranblieben? Und was war mit dem F16-Katamaran, der zeitweilig ganz schön flott dahin schoss? Oder mit der Varianta oder dem schicken Jollenkreuzer? Das blieb unklar, selbst beim Zieleinlauf. Denn die Handicap-Berechnung bringt oft Überraschungssieger hervor, man muss schon verdammt gut Kopfrechnen können, um eine valide Kalkulation anzustellen.
Fakt war jedenfalls, dass der FD nach einer guten Stunde als First Ship Home im Ziel ankam. Keine Rekordzeit, aber eine flotte RundUm war es damit schon. Das Starboot, der F16-Kat und der erste Ponant folgten nach wenigen Minuten. Die Zieleinläufe im Hauptfeld waren teilweise super eng, in einem Fall sogar genau gleichzeitig. Um jeden Meter wurde da von den Seglerinnen und Seglern gefightet, auch wenn sie sonst eher gemütlich unterwegs sind. Zu Recht, denn bei Handicap-Regatten zählt jede gesparte Sekunde.
Die Ergebnis-Auswertung am Computer ist bei Yardstick-Regatten eine heikle Angelegenheit. Ein falsches Häkchen gesetzt, ein kleiner Tippfehler, und schon kommt totaler Murks dabei raus oder auch überhaupt gar kein Ergebnis. Und ausgerechnet heute fiel Sportwort Jens Reimer krankheitsbedingt aus! Er hatte die RundUm zwar mit viel Aufwand tiptop vorbereitet und morgens noch bleich ums Gesicht die Preise für die Siegerehrung angeliefert, aber dann legte er sich vernünftigerweise zuhause ins Bett. Regattadienstler Ralf Dischler übernahm spontan den undankbaren Auswertungs-Job und, trara, er machte einen super Job!
So konnten dann am späten Nachmittag bei der Siegerehrung würdige Siegerinnen und Sieger präsentiert werden. Beste Jugendseglerin wurde Clara Brenner (Europe), gefolgt von Carla Löbbicke und Niklas Schweizer, beide auf ILCA 4. Den Sonderpreis für das beste Kajütboot gewann Richard Arning einhand mit seinem 15er Jollenkreuzer. Der Sonderpreis für das beste Kielboot ging an den Star mit Markus Laden und Ingrid Whitehall. Den in Andenken an unseren verstorbenen Segelfreund Hans Kölble vergebenen Sonderpreis für den besten Ponant ersegelten Rainer Pohl und Sigrid Kaiser.
Verdiente Sieger der RundUm mit fast sieben Minuten Vorsprung (berechnet) auf das Starboot wurde Jakob Werner und Harald Johler mit ihrem geliehenen Flying Dutchman. Die beiden haben jahrzehntelange Regattaerfahrung, erworben nicht nur am Schluchsee, sondern auch bei unzähligen Auswärtsregatten. Einmal mehr ein Beweis dafür, dass Segeln ganz klar ein Erfahrungssport ist, bei dem es nicht nur auf körperliche Fitness ankommt, sondern auf unglaublich viel Knowhow in Sachen Technik, Trimm, Taktik, Regeln, Wetterkunde und manchem mehr.
Aber genau das macht Regattasegeln zur anspruchsvollsten Sportart überhaupt. Warum diese vollmundig klingende Aussage ihre Berechtigung hat, kann demnächst bei den Live-Streams von den olympischen Regatten vor Marseille nachvollzogen werden. Absolute Seh-Empfehlung! Daumen drücken können wir neben anderen Philipp Buhl (ILCA 7), der am Schluchsee vor einigen Jahren bei der FD-Meisterschaft angetreten ist und bei der legendären Abschlussparty bis ins Morgengrauen dabei war
Euer Wettfahrtleiter Christian